KöMoG: Ohne Rechtsformwechsel zahlen bestimmte Personengesellschaften künftig weniger Steuern
Grundsätzlich sind Personengesellschaften gegenüber Kapitalgesellschaften steuerlich meistens schlechter gestellt, wenn Gewinne im Unternehmen bleiben. Bei einer Kapitalgesellschaft liegt die steuerliche Belastung bei etwa 30 Prozent, bei Personengesellschaften zwischen 35 und 45 Prozent. Die Besteuerung von Kapitalgesellschaften ist in der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer strikt von der Besteuerung ihrer Anteilseigner getrennt. Gewinne werden zuerst auf Gesellschaftsebene besteuert. Beschließen die Gesellschafter eine Gewinnausschüttung, dann müssen die Anteilseigner ihre Gewinnausschüttung versteuern (Trennungsprinzip). Bei Personengesellschaften gilt bei der Einkommenssteuer das Transparenzprinzip. Besteuert wird nicht die Personengesellschaft selbst, sondern die an der Personengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten natürlichen Personen oder Körperschaftsteuersubjekte. Für nicht entnommene Gewinne kann bereits ohne die neue Option ein Antrag auf Thesaurierung nicht entnommener Gewinne beim Finanzamt gestellt werden. Für die nicht entnommenen Gewinne fällt zunächst nur ein Steuersatz von 28,25 Prozent an. Der Verwaltungsaufwand ist jedoch hoch.
Durch das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) vom 25.06.2021 wurde u.a. eine Option zur Körperschaftsteuer eingeführt. Das Optionsmodell soll die Kombination außersteuerlicher Vorteile der Personengesellschaft mit den steuerlichen Vorteilen der Kapitalgesellschaft ermöglichen und die Unterschiede in der Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaft beseitigen. Bei Ausübung der Option wird die Gesellschaft ertragsteuerlich (nicht zivilrechtlich) wie eine Kapitalgesellschaft, die Gesellschafter werden wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt.
Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der auf dem internationalen Markt tätigen Familienunternehmen, die in den Rechtsformen der KG oder der OHG geführt werden, zu stärken. Für Personengesellschaften mit der Rechtsform GbR gilt die Neuerung nicht.
Erfasst werden von der Optionsmöglichkeit auch Gesellschaften, die ihren Sitz nicht im Inland haben oder die in einer ausländischen Rechtsform eröffnet wurden, solange diese Gesellschaftsformen mit den vorbezeichneten Gesellschaftsformen vergleichbar sind.
Durch die Option und die Rechtsfolge des Übergangs zur Körperschaftsbesteuerung wird ein Formwechsel gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG vollzogen. Das hat zur Folge, dass ertragsteuerlich ein Anschaffungs- und Veräußerungsvorgang fingiert wird, und es ist zwingend zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zu wechseln, weil § 4 Abs. 3 EStG nicht anwendbar ist. Der Übergangsgewinn ist anschließend zu versteuern.
Weg zur Körperschaftssteuer: Optionsantrag
Der Optionsantrag ist unwiderruflich (§ 1a Abs. 1 Satz 1 KStG). Die Option muss spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres gestellt werden, ab welchem eine Besteuerung nach dem KStG erfolgen soll. Der Antrag ist beim für die Besteuerung der Personengesellschaft örtlich zuständigen Finanzamt zu stellen. Gemäß § 1a Abs. 4 Satz 1 bis 3 KStG ist in Folgejahren eine Beendigung der Option möglich.
Voraussetzung: Stimmenmehrheit der Gesellschafter
Der Antrag wirkt sich zugleich auf die Besteuerung der Gesellschafter aus. Damit ist ein mehrheitlicher Gesellschafterbeschluss erforderlich, der allerdings mindestens 75 % der abgegebenen Stimmen bedarf (§ 1a Abs. 1 Satz 1 KStG mit Verweis auf § 217 Abs. 1 UmwG). Zur Klarstellung empfiehlt es sich, dies in die bisherigen Gesellschaftsverträge noch mit aufzunehmen. Andernfalls wird eine Zustimmung durch alle Gesellschafter benötigt.
Folge der Option
Ertragsteuerlich wird die optierende Gesellschaft wie eine Kapitalgesellschaft behandelt. Zivilrechtlich und gesellschaftsrechtlich gelten die gesellschafts- und handelsrechtlichen Vorgaben auch nach der Ausübung der Option weiter.
Die Wirkungen einer Option nach § 1a KStG-E beschränken sich auf die Ertragsteuern (KSt, ESt und GewSt) bei der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern. Eine optierte Gesellschaft behält dagegen ihren steuerlichen Status als Personengesellschaft bei anderen Steuerarten.
Auf der Ebene der Gesellschafter sind die Einnahmen als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG festzusetzen, es sei denn, die Einnahmen sind einer anderen Einkunftsart zuzurechnen, wie etwa beim Halten des Gesellschaftsanteils im Betriebsvermögen. Gewinnanteile gelten erst dann als ausgeschüttet, wenn sie entnommen werden oder ihre Auszahlung verlangt werden kann. Bedarf es für die Auszahlung oder Entnahme noch eines Beschlusses (z.B. Feststellung des Jahresabschlusses), liegt regelmäßig noch keine fiktive Ausschüttung vor. Die Ausschüttungsfiktion gilt nicht für gewinnunabhängige Entnahmerechte.
Das BMF erläutert in dem Schreiben vom 10.11.2021 die notwendigen Voraussetzungen für die Option:
- Zeitliche Anwendung
- Persönlicher Anwendungsbereich
- Antrag Übergang zur Körperschaftsbesteuerung
- Zeitraum der Körperschaftsbesteuerung
- Beendigung der Option zur Körperschaftsbesteuerung
- Sonderfälle
Vielen Unternehmen wird das Optionsmodell den Weg in eine steueroptimierte Zukunft unter dem Körperschaftsteuerregime erleichtern, bei dem die gesellschaftsrechtliche Struktur des Unternehmens unberührt bleiben kann.
Empfehlenswert ist eine spezifische Belastungsrechnung, die neben dem
- individuellen Gewerbesteuer-Hebesatz,
- der Zuordnung der Anteile zum Betriebs- oder Privatvermögen und
- den Verhältnissen bzgl. Sonderbetriebsvermögen und Sondervergütungen sowie
- das jeweilige Ausschüttungsverhalten berücksichtigt.
Katharina Lieben-Obholzer, Rechtsanwältin bei KMW
Stand: 29.12.2021