HVM-Regelung zum Unterzeichnungserfordernis der Quartalsabrechnung durch den ärztlichen Leiter sowie keine „Schonfrist“ nach § 95 Abs. 6 S. 3 SGB V bei fehlender ärztlicher Leitung
BSG mit Urteil vom 13. Dezember 2023 (Az. B 6 KA 15722 R)
In dem vom BSG zu entscheidenden Fall war eine Honorarrückforderung eines in der Rechtsform einer GmbH betriebenes MVZ im Streit.
Nach dem BSG handele es sich bei der Regelung im Honorarverteilungsmaßstab der beklagten KV nicht um ein bloßes Formerfordernis. Vielmehr ließe die ordnungsgemäße Abrechnungs-Sammelerklärung erst den Anspruch auf Vergütung der erbrachten Leistungen entstehen. Ohne eine von dem ärztlichen Leiter unterschriebene Erklärung bereits kein Anspruch auf Honorar bestünde.
Sachverhalt:
Nachdem die beklagte Kassenärztliche Vereinigung festgestellt hatte, dass die Sammelerklärungen zu den Honorarabrechnungen für die Quartale 2/2013 und 3/2013 von dem Geschäftsführer der Klägerin und nicht – wie im Honorarverteilungsmaßstab vorgesehen – von dem ärztlichen Leiter des Medizinischen Versorgungszentrums unterschrieben worden waren, hob sie die betreffenden Honorarbescheide auf und forderte das gesamte Honorar für die beiden Quartale zurück.
Widerspruch, Klage sowie die Berufung der MZV GmbH sind ohne Erfolg geblieben:
Das Landessozialgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe eine sachlich-rechnerische Richtigstellung vornehmen dürfen, da die Abrechnungen der Leistungen aufgrund der fehlenden Unterschrift des ärztlichen Leiters auf der Sammelerklärung formal fehlerhaft gewesen seien. Das im Honorarverteilungsmaßstab geregelte Unterschriftserfordernis sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Der ärztliche Leiter trage die Verantwortung für die ärztliche Steuerung der Betriebsabläufe im Medizinischen Versorgungszentrum und die Gesamtverantwortung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung.
Hierzu gehöre die volle Verantwortung für die Erstellung und Kontrolle der Abrechnung. Es liege daher nahe, ihm die Verantwortung für die Sammelerklärung zu übertragen. Dies gelte auch bei einer GmbH als Trägergesellschaft. Deren Geschäftsführer werde durch die Unterschriftsleistung des ärztlichen Leiters unter die Sammelerklärung nicht aus seiner gesetzlichen Vertretung nach § 35 Absatz 1 GmbHG verdrängt.
Die Klägerin rügte mit Ihrer Revision eine Verletzung des § 87b Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 SGB V. Die Revision der klagenden MVZ GmbH wurde letztinstanzlich mit der Begründung zurückgewiesen: Zu Recht habe die KV die streitgegenständlichen Honorarbescheide im Rahmen der sachlich-rechnerischen Richtigstellung mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben und das gewährte Honorar vollständig zurückgefordert. Denn die fehlende Unterschrift der ärztlichen Leitung eines MVZ stelle einen Verstoß gegen die Vorgaben im jeweiligen Honorarverteilungsmaßstab dar, die sowohl von der Ermächtigungsgrundlage des § 87b Absatz 1 Satz 2 SGB V gedeckt als auch mit höherrangigem Recht vereinbar seien. Dabei handele es sich auch nicht (nur) um bloße Formvorschriften, sondern vielmehr um materiell-rechtliche Voraussetzungen, die den Anspruch auf Vergütung überhaupt erst entstehen ließen.
Handlungsempfehlungen:
- MVZ-Betreiber müssen nachhaltiger für eine lückenlose Verfügbarkeit von ärztlichen Leitern sorgen.
- Vertretungsmanagement sollte geprüft werden.
- Im Rahmen der arbeitsvertraglichen Gestaltung sollte eine optionale Verpflichtungen zur Funktionsübernahme vereinbart werden.
- HVM-Regelungen des einschlägigen KV-Bezirkes bezüglich Unterschriftenerfordernisse sind fortlaufend genau zu prüfen beachten.
- Fristen für Nachreichungen und Korrekturen der Quartalsabrechnung prüfen, ist in den KV-Bezirken unterschiedlich geregelt
Rechtsanwältin Katharina Lieben-Obholzer