Die Abmahnfalle im Datenschutz: Rechtssichere digitale Behandlungsverträge für Ärzte

Die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen bringt große Vorteile, aber auch erhebliche Herausforderungen mit sich – insbesondere im Bereich des Datenschutzes. Mit der Einführung digitaler Behandlungsverträge eröffnen sich für Ärzte neue Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und Serviceverbesserung. Gleichzeitig droht aber die sogenannte Abmahnfalle: Schon kleine Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorgaben, etwa der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), können teure Abmahnungen durch Mitbewerber, Verbände oder betroffene Personen nach sich ziehen.

Was ist eine Abmahnfalle im Datenschutz?

Als „Abmahnfalle“ werden Situationen bezeichnet, in denen formale oder inhaltliche Fehler zu teuren Abmahnungen führen können. Im Gesundheitswesen betrifft dies insbesondere den Umgang mit besonders sensiblen personenbezogenen Daten von Patienten. Ärzten und Praxisteams haben die Pflicht, sämtliche datenschutzrechtlichen Vorgaben einzuhalten. Verstöße – auch unbeabsichtigte – können abgemahnt werden und bringen oft zusätzliche Kosten durch Anwaltsgebühren, Vertragsstrafen oder Gerichtsverfahren mit sich.

Relevante rechtliche Grundlagen

  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): Regelt europaweit den Umgang mit personenbezogenen Daten.
  • Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Ergänzt die DSGVO um nationale Besonderheiten.
  • Berufsrecht der Ärzte: Verpflichtet zur besonderen Verschwiegenheit und zum Schutz von Patientendaten.
  • Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG): Regelt unter anderem die Nutzung von Cookies und Tracking-Tools auf Praxiswebseiten oder Online-Plattformen.

Typische Abmahnfallen bei digitalen Behandlungsverträgen

Mit digitalen Behandlungsverträgen sind verschiedene Prozesse gemeint: Online-Terminvereinbarung, digitale Patientenaufklärung, elektronische Unterschrift und die Speicherung von Patientendaten in elektronischen Akten. Hier lauern zahlreiche Stolpersteine:

  • Unvollständige oder fehlerhafte Datenschutzerklärungen: Werden Patient*innen nicht ausreichend über die Datenverarbeitung informiert, drohen Verstöße gegen die Informationspflichten nach Art. 13, 14 DSGVO.
  • Fehlende oder mangelhafte Einwilligungen: Für viele digitale Prozesse ist eine ausdrückliche, dokumentierte Einwilligung der Patienten erforderlich. Fehlen klar verständliche Einwilligungsformulare oder sind diese zu allgemein gehalten, kann dies zu Problemen führen.
  • Unzureichende technische und organisatorische Maßnahmen (TOM): Die sichere Speicherung und Übertragung sensibler medizinischer Daten sind essenziell. Schwächen bei Verschlüsselung, Zugangsschutz oder Löschfristen können Abmahnungen auslösen.
  • Einsatz unsicherer Drittanbieter-Tools: Werden externe Dienstleister*innen ohne entsprechende Auftragsverarbeitungsverträge (AV-Verträge) eingebunden, ist die Datenweitergabe unzulässig.
  • Unberechtigter Zugriff auf Patientendaten: Interne Fehler, fehlende Zugriffsbeschränkungen oder unklare Verantwortlichkeiten führen schnell zu Datenschutzverletzungen.
  • Cookie-Banner und Tracking auf Praxiswebseiten: Wird die Webseite genutzt, um digitale Behandlungsverträge zu schließen, müssen auch hier Vorgaben zu Cookies und Tracking exakt eingehalten werden.

Wie erkennen Ärzte eine Abmahngefahr?

Die Abmahngefahr besteht immer dort, wo Patientendaten digital verarbeitet werden und die gesetzlichen Anforderungen nicht lückenlos erfüllt sind. Besonders risikobehaftet sind Eigenentwicklungen oder nicht speziell für den Medizinbereich konzipierte Tools. Auch standardisierte Verträge aus dem Internet sind mit Vorsicht zu genießen, da sie oft nicht auf die besonderen Anforderungen des Gesundheitsdatenschutzes angepasst sind.

Warnsignale für Abmahnrisiken

  • Datenschutzerklärung ist veraltet oder unvollständig
  • Patienten werden nicht aktiv über ihre Rechte informiert
  • Verwendung von Online-Diensten ohne AV-Vertrag
  • Keine klare Protokollierung der Einwilligungen
  • Fehlende Regelungen zum Datenzugriff innerhalb des Praxisteams
  • Unsichere IT-Infrastruktur (z. B. veraltete Software, fehlende Verschlüsselung)

Konkrete Maßnahmen für rechtssichere digitale Behandlungsverträge

Damit digitale Behandlungsverträge nicht zur Abmahnfalle werden, sollten Ärzte folgende Punkte beachten:

1. Sorgfältige Datenschutzerklärung

Die Datenschutzerklärung muss alle digitalen Prozesse im Umgang mit Patientendaten klar, verständlich und umfassend erklären. Sie sollte sowohl auf der Praxiswebseite als auch digital zugänglich gemacht werden – beispielsweise über einen Link im Behandlungsvertrag oder bei der Online-Terminbuchung. Zu beachten sind:

  • Welche Daten werden erhoben?
  • Zu welchem Zweck?
  • Wie lange werden die Daten gespeichert?
  • An wen werden sie weitergegeben?
  • Welche Rechte haben Patienten?

2. Einwilligungserklärungen einholen und dokumentieren

Für die Verarbeitung sensibler Daten ist eine explizite Einwilligung der Patienten erforderlich. Diese muss freiwillig, informiert und nachweisbar sein. Optimale Lösungen bieten digitale Unterschriften-Tools, die den Einwilligungsprozess lückenlos dokumentieren und revisionssicher speichern.

  • Die Einwilligung muss jederzeit widerrufbar sein.
  • Der Zweck der Datenverarbeitung muss konkret und verständlich formuliert sein.
  • Die Patienten müssen auf mögliche Folgen eines Widerrufs hingewiesen werden.

3. Sicherstellung technischer und organisatorischer Maßnahmen (TOM)

Ärzte sind verpflichtet, höchste Sicherheitsstandards bei der Speicherung und Übermittlung von Patientendaten einzuhalten. Dazu zählen:

  • Verschlüsselung der Datenübertragung und -speicherung
  • Zwei-Faktor-Authentifizierung für Zugänge zu Patientendaten
  • Regelmäßige Updates und Sicherheitsprüfungen der Systeme
  • Zugriffsbeschränkungen und Protokollierung aller Datenzugriffe
  • Schulung des gesamten Praxisteams im Datenschutz

4. Verträge zur Auftragsverarbeitung (AV-Verträge) abschließen

Werden IT-Dienstleister, Cloud-Anbieter oder Online-Plattformen genutzt, muss ein AV-Vertrag abgeschlossen werden. Dieser regelt, wie die Dienstleister mit den Daten umgehen und welche Sicherheitsmaßnahmen sie ergreifen.

5. Regelmäßige Datenschutz-Audits durchführen

Eine kontinuierliche Überprüfung der digitalen Prozesse hilft, Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und abzustellen. Externe Datenschutzbeauftragte oder spezialisierte Beratungsunternehmen unterstützen dabei, die Einhaltung aller Vorschriften zu gewährleisten.

6. Patientenrechte achten und fördern

Patienten haben umfassende Rechte: Auskunft, Berichtigung, Löschung, Einschränkung der Verarbeitung, Datenübertragbarkeit und Widerspruch. Diese Rechte müssen nicht nur in der Datenschutzerklärung aufgeführt, sondern aktiv kommuniziert werden. Praktische Hilfsmittel sind z.B. Online-Portale, über die Patienten ihre Rechte bequem ausüben können.

7. Praxisseitige Notfallkonzepte für Datenschutzverletzungen

Im Falle einer Datenschutzverletzung besteht Meldepflicht an die Aufsichtsbehörde (in der Regel binnen 72 Stunden) und unter Umständen auch an die betroffene Person. Ein klarer Notfallplan hilft, schnell und korrekt zu reagieren, um Schäden und Folgeabmahnungen zu vermeiden.

Empfehlungen für die Praxis

  • Setzen Sie auf zertifizierte Softwarelösungen, die speziell für medizinische Anwendungen entwickelt wurden.
  • Nutzen Sie Musterverträge und -formulare nur dann, wenn sie von seriösen, datenschutzrechtlich geprüften Quellen stammen.
  • Schulen Sie Ihr Team regelmäßig im Umgang mit digitalen Tools und im Datenschutz.
  • Führen Sie regelmäßig interne und externe Audits durch, um Schwachstellen frühzeitig zu erkennen.
  • Binden Sie externe Datenschutzbeauftragte ein, wenn Unsicherheiten bestehen.

Fazit

Die Digitalisierung medizinischer Behandlungsverträge eröffnet große Chancen, birgt aber auch erhebliche datenschutzrechtliche Risiken. Die Abmahnfalle lauert oft im Detail: Unvollständige Informationen, fehlende Einwilligungen, unsichere Systeme oder unklare Verantwortlichkeiten können schwerwiegende Folgen haben. Wer gewissenhaft die gesetzlichen Vorgaben umsetzt, digitale Verträge sorgfältig gestaltet und auf höchste Sicherheitsstandards achtet, schützt nicht nur die Patienten, sondern bewahrt die eigene Praxis auch vor teuren Abmahnungen und Imageschäden. Ein ständiger Dialog mit Expert*innen und regelmäßige Überprüfung der eigenen Prozesse sind der beste Weg, um rechtssicher und erfolgreich in die digitale Zukunft zu gehen.