Gewerbesteuer in einer Berufsausübungsgemeinschaft möglich, wenn ein Partner die Managementaufgaben für die Gesellschaft übernimmt und kaum noch ärztlich ist

FG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 16.9.2021, 4 K 1270/19, veröffentlicht am 12.4.2022

Gewerbliche Infizierung einer zahnärztlich tätigen Partnerschaftsgesellschaft durch Konzentration von Organisations-, Verwaltungs- und Management-Aufgaben bei einem der approbierten Zahnärzte:

Übt in einer zahnärztlichen Partnerschaftsgesellschaft ein Mitunternehmer, der approbierter Zahnarzt ist, ganz überwiegend nur noch Organisation-, Verwaltungs- und Management-Tätigkeiten aus und erbringt nur in geringem Umfang eigene zahnärztliche Beratungs- oder Behandlungsleistungen unmittelbar an Patienten, so entspricht dies nicht mehr dem Leitbild der selbstständig ausgeübten Tätigkeit als Zahnarzt und seine Tätigkeit ist als gewerblich anzusehen. Sie infiziert hierdurch die Einkünfte der gesamten Partnerschaftsgesellschaft als gewerblich.

Fall

Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft, in der sich mehrere approbierte Zahnärzte zur gemeinsamen Ausübung der zahnärztlichen Behandlung von Privat- und Kassenpatienten zusammengeschlossen haben. Im Streitjahr erzielte die Praxis Umsatzerlöse von rund 3,5 Millionen Euro, wovon nur ca. 900 € auf einen der sog. Seniorpartner entfielen, der hauptsächlich für die Organisation, Verwaltung und Leitung der Praxis zuständig war. Das Finanzamt führte eine Betriebsprüfung durch und kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Einkünfte der zahnärztlichen Partnerschaftsgesellschaft nicht mehr als freiberuflich, sondern als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren seien, weil bei einer freiberuflichen Personen- oder Partnerschaftsgesellschaft jeder Gesellschafter die Merkmale selbstständiger Arbeit in eigener Person erfüllen müsse.

Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat das Finanzgericht die Klage der Zahnärzte abgewiesen.

Erbringen die Gesellschafter einer Personengesellschaft ihre Leistungen teilweise freiberuflich und teilweise – mangels Eigenverantwortlichkeit – gewerblich, so ist ihre Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG insgesamt als gewerblich zu qualifizieren.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit können nicht von der Personen- oder Partnerschaftsgesellschaft selbst, sondern nur von natürlichen Personen erfüllt werden.

Eine Personengesellschaft entfaltet nur dann eine Tätigkeit, die die Ausübung eines freien Berufs im Sinne von § 18 EStG darstellt, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen.

Das Gericht ist zur Überzeugung gelangt, dass die fehlende Mitarbeit des Dr. AM an einzelnen zahnärztlichen Untersuchungs- oder Behandlungsaufträgen nicht auf Ausnahmen und vereinzelte Routinefälle beschränkt war, sondern im Betrieb der Klägerin die Regel bildete.

In welchem Umfang der Berufsträger selbst tätig sein muss, hängt vom jeweiligen Berufsbild ab. Der Berufsträger muss zudem aufgrund eigener Fachkenntnisse „leitend“ und „eigenverantwortlich“ tätig werden. Die Eigenverantwortlichkeit erschöpft sich nicht darin, nach außen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des einzelnen Auftrags zu tragen. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrags muss vielmehr dem Berufsträger selbst und nicht seinen qualifizierten Mitarbeitern zuzurechnen sein. Erforderlich ist allerdings auch hierbei der persönliche Einsatz jedes Mitunternehmers im arzttypischen Heilbereich; die alleinige Wahrnehmung bloß kaufmännischer Leitungs- oder sonstiger Managementaufgaben ist insofern schädlich und führt zur Gewerblichkeit. Auch fällt nicht jegliche der Heilung von Zahnkrankheiten dienende Tätigkeit unter die Ausübung der Zahnheilkunde, sondern nur eine Tätigkeit, die am Körper von Patienten oder in sonstiger Weise gegenüber von Patienten mit der Absicht der Diagnose oder Behandlung vorgenommen wird, wie die Eingliederung von Zahnersatz und die damit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Revision wurde zugelassen.