Nachgewährung von Urlaub bei coronabedingter Quarantäne?

Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn, Urteil vom 07.07.2021, Aktenzeichen: 2 Ca 504/21

Arbeitgeber sollten schnell handeln: Nach einer Entscheidung des ArbG Bonn besteht kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Quarantäneanordnung wegen einer Infektion mit dem Coronavirus.  

Eine behördliche Quarantäneanordnung steht einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich. Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers obliegt alleine dem behandelnden Arzt.

Sachverhalt

Die Arbeitnehmerin befand sich wegen einer Ordnungsverfügung des Gesundheitsamtes während ihres Erholungsurlaubes in häuslicher Quarantäne. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lag für diesen Zeitraum nicht vor. Gegenüber dem Arbeitgeber machte sie einen Anspruch auf Nachgewährung von Urlaub geltend. Die Nachgewährung von Urlaub lehnte der Arbeitgeber ab.

Entscheidung 

Die Klage vor dem Arbeitsgericht Bonn blieb ebenfalls erfolglos.

Das Arbeitsgericht stellte klar, dass coronabedingte Quarantäneanordnung keine AU-Bescheinigung ersetzt. Die Voraussetzungen für die Nachgewährung von Urlaubstagen bei einer Arbeitsunfähigkeit setzt die Arbeitsunfähig der Arbeitnehmerin und damit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung – mithin dem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit – gemäß § 9 BurlG voraus.

Eine analoge Anwendung von § 9 BUrlG bei einer behördlichen Quarantäneanordnung aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus scheidet aus. Es liegt weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein mit einer Arbeitsunfähigkeit vergleichbarer Sachverhalt vor. Nach Auffassung des Gerichts führt eine Erkrankung mit dem Corona-Virus nicht zwingend und unmittelbar zu einer Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 9 BUrlG.

Ob eine solche Arbeitsunfähigkeit im Einzelfall vorliegt, obliegt der Entscheidung des Arztes. 

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

Können Arbeitgeber, den Urlaub, den sie irrtümlich an Arbeitnehmer in einer behördlich angeordneten Quarantäne zurückgewährt haben, zurückzufordern?

Ein solcher Anspruch könnte gemäß § 812 Abs. 1 1. Alt. BGB gegenüber dem Arbeitnehmer geltend gemacht werden. Voraussetzung hierfür wäre vor allem, dass der Arbeitgeber die Urlaubstage ohne rechtlichen Grund an den Arbeitnehmer zurückgewährt hat. Das wird nach der derzeitigen Rechtsprechung überwiegend der Fall sein.

 
Die Rückforderungsansprüche gegenüber Arbeitnehmer sollten umgehend geltend gemacht werden,
  • um einerseits (tarif-)vertragliche Ausschlussfristen zu wahren und
  • andererseits zu verhindern, dass der irrtümlich gewährte Urlaub durch Gewährung an den Arbeitnehmer verbraucht werden kann.

 

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Katharina Lieben-Obholzer, Rechtsanwältin bei KMW