Die Werbung für die sogenannte „Abnehmspritze“ hat in den letzten Jahren – parallel zur steigenden Patientennachfrage – an Relevanz gewonnen. Dabei sind für Ärzte und Apotheken insbesondere die arzneimittel- und wettbewerbsrechtlichen Vorgaben zu beachten, die durch aktuelle Rechtsprechung weiter konkretisiert werden. Ein zentrales Urteil hierzu fällte das Landgericht München I am 03.03.2025 (Az. 4 HK O 15458/24).
Sachverhalt
Im konkreten Fall hatte ein Anbieter auf seiner Website für die Abnehmspritze geworben und damit Patienten angesprochen, ohne dass zuvor ein persönlicher ärztlicher Kontakt oder eine individuelle Beratung stattgefunden hatte. Die Werbung hob vorwiegend die schnellen Ergebnisse und positiven Wirkungen hervor. Gegen diese Praxis richtete sich die Klage eines Apothekerverbands, der Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz geltend machte.
Rechtlicher Hintergrund
Die Werbung für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) grundsätzlich eingeschränkt. Insbesondere § 10 HWG verbietet die Werbung für solche Arzneimittel gegenüber der breiten Öffentlichkeit; Ausnahmen gelten für die Fachkreise.
Kernaussagen des Urteils LG München I vom 03.03.2025
Das Landgericht München I hat mit seinem Urteil die bisherige restriktive Linie bestätigt und weiter konkretisiert:
- Werbeverbote gelten auch für „Lifestyle“-Indikationen: Das Gericht hat klargestellt, dass bereits die faktische Bewerbung einer Abnehmspritze als Lifestyle- oder Wellness-Produkte, auch wenn das Präparat medizinisch zugelassen ist, unzulässig ist.
- Verbot der Patienten-Ansprache für verschreibungspflichtige Präparate: Ärzte und Apotheken dürfen öffentlich nicht für die Abnehmspritze werben, insbesondere nicht mit Aussagen zu Wirkungen, Erfolgsquoten oder „schnell sichtbaren Ergebnissen“.
- Fachliche Information bleibt zulässig: Die neutrale, sachliche Information an Fachkreise (z.B. andere Ärzte) bleibt erlaubt. Auf Webseiten oder Flyern von Apotheken/Arztpraxen dürfen keine plakativ werbenden Elemente (z. B. Vorher-Nachher-Bilder, Erfahrungsberichte, Erfolgsversprechen) verwendet werden.
- Hinweispflicht auf Verschreibungspflicht und Risiken: Sollte eine Information auf der Praxis- oder Apothekenhomepage erfolgen (z. B. im Rahmen der allgemeinen Patienteninformation), muss eindeutig darauf hingewiesen werden, dass das Präparat verschreibungspflichtig ist und nur nach ärztlicher Prüfung und Beratung angewendet werden darf.
Empfohlene Praxis für Ärzte und Apotheken
- Werbliche Aussagen zur Abnehmspritze gegenüber der allgemeinen Öffentlichkeit unterlassen.
- Keine aktiven Hinweise auf schnelle, einfache oder garantierte Gewichtsabnahmen veröffentlichen.
- Sachliche, neutrale Informationen – etwa zur grundsätzlichen Wirkungsweise oder zu wissenschaftlichen Studien – dürfen im Rahmen der Patientenaufklärung erfolgen, solange sie nicht als Werbung erscheinen.
- Fachinformationen dürfen an berechtigte Fachkreise weitergegeben werden.
- Auf der Website stets darauf hinweisen, dass eine Anwendung nur nach ärztlicher Beratung und Verschreibung erfolgt und Risiken bestehen.
Beraterhinweis
Das Urteil des LG München I vom 03.03.2025 unterstreicht, dass Werbung für die Abnehmspritze außerhalb des Fachkreises rechtlich unzulässig bleibt. Ärzte und Apotheken sind gut beraten, sich strikt an die Vorgaben des HWG und die konkretisierenden Urteile der Gerichte zu halten. Die Patientenaufklärung steht weiterhin im Vordergrund, darf jedoch nicht in (indirekte) Werbung umschlagen.
Zusammenfassend sollten Ärzte und Apotheken strikt darauf achten, jegliche Form der Werbung für verschreibungspflichtige Abnehmspritzen gegenüber der Öffentlichkeit zu vermeiden. Lediglich sachliche Informationen, die keine Anreize oder Erwartungen an den Therapieerfolg wecken, sind zulässig. Auf digitalen und gedruckten Informationsmaterialien muss stets klar kommuniziert werden, dass das Präparat verschreibungspflichtig ist, Risiken birgt und ausschließlich nach individueller ärztlicher Beratung angewendet werden darf. Somit bleibt der Schutz der Patienten vor irreführender Werbung gewährleistet und die rechtlichen Vorgaben werden eingehalten.
